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A. Allgemeines

Eine steigende Zahl an Kraftfahrzeugen ist auf Deutschlands Straßen unterwegs. Waren im Jahr 2010 noch 50,2 Mio. Kraftfahrtzeuge unterwegs, so sind es im Jahr 2016 bereits 54,6 Mio. gewesen – ein Anstieg von immerhin 9%. Ebenso steigt die Zahl der Verkehrsunfälle stetig. Im Jahr 2008 wurden 2,3 Mio. Unfälle durch die Polizei registriert. Der Höchststand wurde aber im Jahr 2016 erreicht, knapp 3 Mio. Verkehrsunfälle wurden registriert.

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2017.
Quelle: Statistisches Bundesamt, 2017.

Im Jahr 1970 wurde ein tragischer Negativrekord von ca.20 Tsd. Verkehrstoten erreicht. Zahlreiche gesetzliche Regulierungen, beispielsweise die Einführung der 0,8 Promille-Höchstgrenze für den Blutalkoholkonzentrationswert im Jahr 1973, der Richtgeschwindigkeit von 130 Km/h auf Autobahnen, der Helm- und Gurtanlegepflicht und schließlich der 0,5 Promille-Höchstgrenze des Blutalkoholkonzentrationswerts, erzielten eine massive Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr. Die stetig fortschreitende technische Entwicklung im Bereich der Sicherheitssysteme rund um das Kraftfahrtzeug trug ebenfalls maßgeblich zu einem Rückgang der Todeszahlen bei, sodass im Jahre 2016 nur noch ca. 3 Tsd. Tote im Straßenverkehr in Deutschland gezählt wurden. Dennoch ist die Zahl der Unfälle mit Personenschäden, Unfälle unter Einfluss berauschender Mittel und schwerwiegender Unfälle mit Sachschaden seit 8 Jahren ungefähr auf ähnlich hohem Niveau geblieben, wie die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen.

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2017.
Quelle: Statistisches Bundesamt, 2017.

Mit der stetig steigenden Zahl zugelassener Kraftfahrtzeuge, steigt ebenso die Wahrscheinlichkeit irgendwann im Leben an einem Verkehrsunfall beteiligt zu sein, sei es nun als Verursacher oder Geschädigter. Ein solches Ereignis stellt alle Betroffenen vor Probleme, an die sie zuvor nicht denken brauchten. Welche Ansprüche habe ich gegen den Unfallverursacher? Wie wird der Schaden umfassend festgestellt? Ist die Reparatur des Fahrzeugs verpflichtend oder kann Schadensersatz gefordert werden ohne dass das Fahrzeug auch repariert werden muss? Kann ich eventuelle Kosten für einen Mietwagen vom Verursacher verlangen? Wie sieht es mit einer Nutzungsausfallentschädigung aus? Kann die durch den Unfall entstehende Wertminderung des Fahrzeugs ebenfalls gegen den Verursacher geltend gemacht werden? Muss ich auf das Angebot der gegnerischen Haftpflichtversicherung eingehen? Schließlich stellt sich auch die Frage nach einem angemessenen Schmerzensgeld bei Personenschäden…
Um solche Fragen beantworten zu können ist es unumgänglich einen fachkundigen Anwalt zu konsultieren, da die Problemstellungen im Verkehrsrecht vielseitig und kompliziert sein können.

B. Ratgeber bei einem Verkehrsunfall

Ist es zu einem Verkehrsunfall gekommen, befindet sich der Betroffene in einem emotionalen Ausnahmezustand. Jetzt ist es jedoch wichtig einen klaren Kopf zu behalten und folgendes zu beachten:
Ein am Verkehrsunfall Beteiligter hat…

  •  unverzüglich zu halten
  • den Verkehr zu sichern und bei geringfügigem Schaden unverzüglich beiseite zu fahren
  • sich über die Unfallfolgen zu vergewissern
  •  Verletzten zu helfen (§ 323c – Unterlassene Hilfeleistung)
  •  anderen Beteiligten und Geschädigten anzuzeigen, dass man am Unfall beteiligt war
  • auf Verlangen Namen, Anschrift, Führerschein und Fahrzeugschein vorzuweisen
  • Angaben über die Haftpflichtversicherung zu machen
  • so lange am Unfallort zu bleiben, bis alle Angaben gegenüber Beteiligten gemacht wurden
  • eine angemessene Zeit am Unfallort zu warten und ggf. Namen und Anschrift zu hinterlassen
  • keinesfalls das Recht Unfallspuren zu beseitigen, falls nicht die notwendigen Feststellungen über Art und Umfang getroffen worden sind

Grundsätzlich ist derjenige am Unfall beteiligt, der durch sein Verhalten zum Unfall beigetragen haben könnte.

Haben Sie die genannten Punkte beherzigt, so sollten Sie in einem nächsten Schritt:

  • andere Menschen ansprechen, ob sie den Hergang des Unfalls beobachtet haben und ggf. als Zeuge aussagen würden
  • Fotos von der Unfallstelle machen
  • keinesfalls sollten sie sich zum Sachverhalt äußern (auch nicht gegenüber der Polizei!), etwas unterschreiben oder gar Vereinbarungen treffen

C. Ansprüche gegenüber dem Unfallgegner

Ist der Unfallgegner vollumfänglich für den Unfall verantwortlich, so muss dessen Haftpflichtversicherung den Ihnen entstandenen Schaden beseitigen. Grundsätzlich gilt dabei, dass Sie nicht besser, aber auch nicht schlechter stehen sollen, als wenn der Unfall nicht eingetreten wäre. Das bedeutet, dass die Gegenseite auch den Ersatz der durch die Schadensregulierung entstehenden Kosten wie z.B. Verschrottung des Fahrtzeugs, Portokosten, Fahrtkosten, Telefonkosten und nicht zuletzt auch der Anwaltskosten (Stichwort: „Waffengleichheit“) zu tragen hat. Der Ersatz der Anwaltskosten, hängt jedoch von der im Verfahren festgestellten Haftungsquote ab. Die Haftungsquote ist dabei das eigene prozentuale Verschulden am Zustandekommen des Unfalls.

I. Feststellung des Schadens

Hierbei kommen die Reparaturkosten in Betracht. Wichtig ist es aber zu wissen, dass Sie keinesfalls gezwungen sind das beschädigte Fahrzeug reparieren zu lassen. Statt der Reparatur kann auch Schadensersatz durch Zahlung des Nettobetrages der Reparaturkosten geltend gemacht werden. Diese Form der Schadensregulierung wird „fiktive Abrechnung“ genannt und richtet sich nach dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs. Übersteigt eine Reparatur den Wiederbeschaffungswert um maximal 30%, kann das Fahrzeug dennoch repariert werden. Weitere Voraussetzung ist, dass das Fahrzeug mindestens 6 Monate weiter genutzt wird. Wird dieser Prozentsatz überschritten, ist eine Reparatur wirtschaftlich unvernünftig und es kann lediglich der Wiederbeschaffungswert, abzüglich des Restwertes, verlangt werden. Dies begründet sich mit dem oben dargestellten Grundsatz, dass der Geschädigte nicht besser oder schlechter stehen soll, als wenn der Unfall nicht stattgefunden hätte. Weiterhin muss nicht in Vorkasse getreten werden. Es kann mit der Werkstatt vereinbart werden, dass diese sich zwecks Zahlung direkt an die Versicherung des Unfallgegners wenden soll („Sicherheitsabtretung“).

II. Erstellung eines Gutachtens

Soll das Fahrzeug nicht repariert werden, so wird ein Sachverständigengutachten oder Kostenvoranschlag nötig. Mit dessen Hilfe werden die potenziellen Kosten einer Reparatur ermittelt. Grundsätzlich kann die Werkstatt frei gewählt werden. Keinesfalls muss die günstigste Werkstatt gewählt werden. Folglich kann auch eine entsprechende Markenwerkstatt mit dem Fall betraut werden. Zu beachten ist jedoch, dass das Fahrzeug nicht älter als 3 Jahre sein darf oder Scheckheftgepflegt sein muss. Eine Ausnahme muss jedoch für Bagatellschäden gelten, die nicht geltend gemacht werden können.

III. Mietwagenkosten

Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Nutzung eines Mietwagens auch nötig sein muss. Dies bestimmt sich nach der täglich zu erbringenden Kilometerleistung, die oberhalb von 25 Km liegen sollte. Bei der Wahl des Mietwagens ist zudem darauf zu achten, dass der günstigste Tarif gewählt werden sollte. Auch empfiehlt es sich mehrere Angebote diverser Anbieter miteinander zu vergleichen, da z.T. preislich große Unterschiede bestehen können. Wird ein teureres Angebot wahrgenommen, werden die anfallenden Kosten nur mithilfe umfangreicher Begründungen vollständig erstattet. Eine Sicherungsabtretung macht es der Mietwagenfirma möglich, die Kosten ggü. der gegnerischen Versicherung geltend zu machen.

IV. Nutzungsausfall

Nutzungsausfälle können geltend gemacht werden, wenn sich das Fahrzeug unfallbedingt in Reparatur befindet und kein Mietwagen angemietet wurde, oder ein Ersatzwagen beschafft wurde. Die Höhe richtet sich dabei nach dem Fahrzeugtyp.

V. Nebenkosten

Abschleppkosten, Standgebühren, Ummeldekosten bei Ersatzbeschaffung können verlangt werden sowie Kreditkosten, wenn die anstehende Reparatur nicht mit eigenen Mitteln bestritten werden kann und die gegnerische Versicherung trotz Terminsetzung keinen Vorschuss leistet.

VI. Schmerzensgeld

Nach einem Unfall stehen die Betroffenen meist unter Schock. Körperliche oder seelische Beeinträchtigungen werden meist er nach gewisser Zeit bemerkt. Sollten körperliche oder seelische Beeinträchtigungen auftreten, ist es ratsam umgehend einen Arzt aufzusuchen. Beeinträchtigungen sind auch Unfallneurosen oder Depressionen. Mithilfe eines ärztlichen Gutachtens, kann die Grundlage für eine Schmerzensgeldforderung gelegt werden.
Ebenso wird auch der Verlust von Lebensqualität ausgeglichen, der dadurch entsteht, dass Beeinträchtigungen durch Krankenhausaufenthalte oder der Mobilität eingetreten sind und so Lebensqualität verloren gegangen ist. Grundlage für die Bemessung des Schadens ist der Umfang der erlittenen Verletzungen, Behandlungsmaßnahmen und die dadurch erlittenen Schmerzen. Äußerliche Beeinträchtigungen, die das Erscheinungsbild der Person betreffen (z.B. Verbrennungen, Amputationen oder Narben), oder Beeinträchtigungen die die Erwerbsfähigkeit mindern, sind ebenfalls Grundlage eines Schadensersatzanspruches. In Betracht kommen unteranderem Verdienstausfälle und Rentenansprüche.
In allen genannten Fällen ist es sinnvoll einen Fachanwalt aufzusuchen, der über etwaige Ansprüche informieren kann und diese auch für Sie durchsetzt.

1. Heilbehandlungskosten

Heilbehandlungskosten sind grundsätzlich zu erstatten. Der Umfang der Erstattungspflicht ergibt sich aus der medizinischen Erforderlichkeit. Generell lässt sich sagen, dass alle Leistungen erstattet werden, die auch von den Krankenkassen getragen werden. Alternative Heilbehandlungen durch z.B. Heilpraktiker müssen ebenfalls aus medizinischer Sicht erforderlich sein. Es gilt das Prinzip der wirtschaftlichsten Art der Schadensbeseitigung. Weiterhin ist zu beachten, dass diese Kosten auch tatsächlich angefallen sein müssen. Sie können dementsprechend nicht fiktiv abgerechnet werden.

2. Verdienstausfall

Für Arbeitnehmer gilt:

Ab der siebten Krankheitswoche hat ein Geschädigter einen Anspruch auf Entschädigung des Verdienstausfalls, schließlich zahlt der Arbeitgeber den Lohn nur bis zur sechsten Krankheitswoche fort. Zur Berechnung werden Einkommensnachweise herangezogen, die einen verlässlichen Wert über das potenzielle Einkommen liefern können. Als Nachweiszeitraum wird das Jahr vor dem Unfall herangezogen. Die ermöglicht die Einbeziehung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, aber auch gezahlter Boni.

Für Selbstständige gilt:

Die reine Arbeitsunfähigkeit begründet noch kein Recht auf Entschädigung. Es muss vielmehr ein tatsächlicher Vermögensschaden eingetreten sein. Dieser Schaden muss jedoch unbedingt mit Nachweisen belegt werden, um eine vollständige Zahlung durch die gegnerische Versicherung sicherzustellen. Es empfiehlt sich zur Berechnung des Schadensersatzes Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder andere Sachverständige mit der Angelegenheit zu betrauen. Nur so ist ein vollumfänglicher Schadensersatz möglich.

Allgemein kann erstattet werden:

  • Tatsächliche Kosten für eine Ersatzkraft
  • Nachweislich entgangene Gewinne
  • Haushaltsführung
  • Kosten für Erholungsaufenthalte
  • Kosten für kosmetische Operationen

3. Rentenansprüche und dauerhafte Beeinträchtigungen

Sollte durch eine Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder Vermindert sein, kann der Verletzte auch Schadensersatz in Form der Geldrente verlangen. Dies gilt auch, wenn der Verletzte für sein tägliches Leben auf Hilfsmittel angewiesen ist (Rollstuhl, Blindenhund, Prothesen). Falls durch den Unfall eine dauerhafte Pflege notwendig ist, kann auch ein Anspruch auf Ersatz der Pflegekosten bestehen.

4. Ersatzansprüche der Hinterbliebenen bei einem Todesfall

Im Falle einer Tötung ist der Verursacher unteranderem verpflichtet dem Erben die Kosten für die Beerdigung zu ersetzen. Dabei werden auch Kosten, die in Verbindung zur Beerdigung stehen, ersetzt. Zu denken ist dabei an die entsprechende Trauerkleidung, Anreise der Gäste, Bestattungskosten und die Trauerfeier selbst.
Falls der Getötete ggü. einer anderen Person zum Unterhalt verpflichtet gewesen ist, so tritt der Verursacher an seine Stelle und hat insoweit auch Schadensersatz in Form der Geldrente zu leisten.

D. Alkohol- und Drogenfahrten

I. Alkohol im Straßenverkehr ohne Fahrauffälligkeiten/Ausfallerscheinungen

Wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrtzeug führt, obwohl er 0,25mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt, handelt ordnungswidrig.
D.h. mit anderen Worten, dass eine Ordnungswidrigkeit nur dann vor liegt, wenn kein alkoholbedingter Fahrfehler vorliegt, Ausfallerscheinungen nicht festgestellt wurden und eine Alkoholkonzentration unter 1,1 Promille im Blut gemessen wurde. Die Folge ist eine Geldbuße und Fahrverbot.
Generell gilt folgendes gleichermaßen für Alkohol und Drogenfahrten:

  • Ersttäter: 500€, 2 Punkte im Fahreignungsregister, 1 Monat Fahrverbot
  • Widerholungsfall: 1000 €, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot
  • Mehrfachtäter: 1500€, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot

II. Alkohol/Drogen im Straßenverkehr mit

Fahrauffälligkeiten/Ausfallerscheinungen
Sollten beim Fahrer des Kraftfahrzeugs Ausfallerscheinungen oder Fahrauffälligkeiten durch die Polizei festgestellt werden, so muss das Fahrzeug abgestellt und eine Blutentnahme angeordnet werden. Die Anordnung der Blutentnahme obliegt jedoch dem Richter. Diese Anordnung wird zumeist in einem Schnellverfahren kurzfristig erteilt.
Sind Alkohol oder Drogen im Blut nachweisbar und wird der gesetzlich festgelegte Grenzwert der jeweiligen Droge überschritten, wird ein Strafverfahren eingeleitet.

Mit folgendem Strafmaß ist zu rechnen:
  • Drogenfahrt ohne Folgen: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe gemäß § 316 StGB (Zumeist ein Monatsgehalt)
  • Drogenfahrt mit Gefährdung des Straßenverkehrs: Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe (§ 315c StGB)
Liegt eine Straftat vor, erfolgt zudem:
  • 10 monatiger Entzug der Fahrerlaubnis
  • Bis zu 3 Punkte werden in das Fahreignungsregister eingetragen

Wer die Fahrerlaubnis wiedererlangen möchte, muss zudem erfolgreich eine MPU absolvieren. Eine MPU wird jedoch nur Aussicht auf Erfolg haben, sofern über ein Jahr hinweg Abstinenz nachgewiesen werden kann. Dies erfolgt in der Regel durch kurzfristig anberaumte Screenings. Getestet werden meist Urin und Kopfhaar. Jedoch werden, je nach Konstitution des Kandidaten, auch andere Körperhaare oder Haarwurzeln zur Überprüfung herangezogen. Es sei darauf hingewiesen, dass in den Haarwurzeln besonders lang Abbauprodukte der jeweiligen Drogen nachweisbar sind.
Die Kosten für eine solche MPU, inklusive Anwalts- und Verfahrenskosten für Gutachter und Screenings, können sich auf bis zu 7000€ belaufen. Eine immense Summe!
Auch hier kann die Konsultierung eines Fachkundigen Fachanwalts für Verkehrsrecht helfen, die Folgen einer solchen Drogenfahrt erheblich zu reduzieren.

1. Cannabiskonsum

Die Behörde hat vornehmlich zu untersuchen, welche Art des Konsums bei dem Betroffenen vorliegt. In § 46 I, Anlage 4 FeV wird definiert, dass nur gelegentlicher oder einmaliger Konsum die Geeignetheit nicht ausschließt. Wird jedoch regelmäßiger Konsum festgestellt, so ist der Betroffene in der Regel nicht geeignet oder befähigt, ein Kraftfahrzeug zu führen.

2. Feststellung der Regelmäßigkeit

Maßgeblich ist bei der Untersuchung des Blutserums des Betroffenen, wie hoch die Konzentration des Metaboliten THC-COOH ist.

„Somit kann bei Blutproben, die nur wenige Stunden nach dem letzten Konsum abgenommen wurden, ab einer THC-COOH-Konzentration von 150 ng/ml ein regelmäßiger Konsum als gesichert angesehen werden. Wird die Blutprobe dagegen aufgrund der Aufforderung durch die Straßenverkehrsbehörde entnommen, so ist von regelmäßigem Konsum auszugehen, sobald eine Konzentration von mindestens 75 ng/ml THC-COOH im Blut nachgewiesen wird. Bei der Festlegung des Grenzwertes von 75 ng/ml wurde die Halbwertszeit dieses Metaboliten berücksichtigt und die Tatsache, dass die Betroffenen bis zu 8 Tage nach Aufforderung durch die Straßenverkehrsbehörde Zeit haben, sich einer Blutentnahme zu unterziehen. Während dieser Zeit hätten sie die Möglichkeit, ganz auf den Konsum von Cannabis zu verzichten. Legt man die Halbwertszeit von rund 6 Tagen von THC-COOH zugrunde, so reichen bereits weniger als 3 Tage aus, bis die Konzentration von beispielsweise 100 ng/ml auf 75 ng/ml abfällt.“

Below, E.; Bockholdt, B; Talarico, G. (2013) Regular cannabis users in road traffic: a result of insufficient monitoring?. In: Toxichem Krimtech Jahrgang 37. Band 80.Special Issue. S. 37ff.

Als unbedenklich ist ein Wert 1 ng/ml der THC-COOH Konzentration im Blut des Betroffenen anzusehen. Festzuhalten ist, dass das untersuchende Institut in seiner abschließenden toxikologischen Bewertung immer auf regelmäßiges Konsumverhalten hinweisen wird. Das hat zur Folge, dass die Polizei die gewonnen Kenntnisse an die Führerscheinbehörde weitergibt. Dies geschieht in der Regel auch bei einer THC-COOH Konzentration von 1ng/ml!

3. Prüfung durch die Führerscheinbehörde

Die Führerscheinbehörde prüft nun, ob die Fahrerlaubnis gemäß § 46 I FeV zu entziehen ist. Dies wird regelmäßig dadurch erreicht, dass der Betroffene die Eignung durch ein ärztliches Gutachten nachweisen muss (§ 14 FeV). Wird dieses nicht innerhalb der durch die Behörde gesetzten Frist vorgelegt, so gilt der Betroffene als ungeeignet ein Kraftfahrzeug zu führen. Die Kosten für ein solches Gutachten können bis zu 1000€ betragen, sind aber in Hinblick auf eine ansonsten abzulegende MPU, die bis zu 7000€ kosten kann, vergleichsweise günstig.

Für die Behörden arbeiten Fachkräfte, die sich der neusten medizinischen Möglichkeiten bedienen. Überlassen Sie also nichts dem Zufall und beauftragen ihrerseits einen Fachmann. Nur so sind Sie gegen alle Unwägbarkeiten gewappnet!

E. Rechtsprechung

Zum Thema Mitverschulden („Haftungsquote“):

OLG München v. 21.11.2014: Bei der Abwägung nach § 254 BGB (bzw. § 17 StVG) ist in erster Linie von dem Maß der Verursachung auszugehen, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung. Es ist deshalb die unfallursächliche Wirksamkeit der Handlungen beider Parteien unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles und das Verhalten der unfallbeteiligten Fahrer unter dem Gesichtspunkt der „bedeutungsvollen Unfallursache“ zu prüfen. Im Rahmen dieser Prüfung kommt es darauf an, von welchem der Beteiligten der Erfolg vorwiegend verursacht worden ist. Vorwiegend ist der Erfolg durch die Handlungsweise des einen Teiles dann verursacht, wenn diese Handlungsweise den Erfolg nicht nur – im Sinne einer conditio sine qua non – objektiv ermöglicht, sondern darüber hinaus in einem höheren Maße wahrscheinlich gemacht hat als das Handeln des anderen Teiles.

Zum Thema der „fiktiven Abrechnung“:

BGH v. 03.12.2013: Lässt der Geschädigte einen Kraftfahrzeugsachschaden sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat, und unterschreiten die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten, so beläuft sich auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten. Der Geschädigte hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Zahlung des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt.

BGH v. 13.09.2016: Zur Berechnung des bei fiktiver Schadensabrechnung vom Brutto-Wiederbeschaffungswert eines unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs in Abzug zu bringenden Umsatzsteueranteils (Anschluss Senat, Urteil vom 9. Mai 2006, VI ZR 225/05, VersR 2006, 987). – Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, ist die im Rahmen einer Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer nicht ersatzfähig. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (Anschluss Senat, Urteil vom 30. Mai 2006, VI ZR 174/05, VersR 2006, 1088 Rn. 11).

Zum Thema Äußerungen am Unfallort:

OLG Saarbrücken v 01.03.2011: Im Verkehrsunfallprozess besitzt eine an der Unfallstelle abgegebene spontane Äußerung im Regelfall nicht die Rechtswirkungen eines konstitutiven oder deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Allerdings ist die Unfallschilderung eines Unfallbeteiligten im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als gewichtiges Indiz zu würdigen. Eine volle Umkehr der Beweislast kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich der Unfallgegner noch an Ort und Stelle weigert, seine mündliche Unfallschilderung schriftlich zu bestätigen.

OLG Hamm v. 15.01.2016: Die Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses liegt bei einer vor Ort abgegebenen Erklärung, welche sich nicht auf konkrete Rechtsfolgen, sondern auf den tatsächlichen Hergang bezieht, von vornherein fern, wenn sich Anhaltspunkte für einen Rechtsbindungswillen der Beteiligten ansonsten nicht ergeben.

Zum Thema Erstattung des entgangenen Gewinns:

BGH v. 16.07.2015: § 252 Satz 2 BGB ermöglicht in Ergänzung zu § 287 ZPO eine abstrakte Schadensberechnung des entgangenen Gewinns, erfordert aber gleichwohl die Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der erforderlichen Anknüpfungstatsachen hierfür, bei der behaupteten Anlage von Kapitalbeträgen etwa den Vortrag und den Nachweis der Anlage in eine bestimmte Art von Wertpapieren.

OLG München v. 08.07.2016: Eine Schätzung des einem Selbstständigen entgangenen Gewinns kann nicht allein aufgrund bestimmter Umsatzausfälle erfolgen, sondern erfordert als Anknüpfungstatsache die Darlegung der abzuziehenden Kosten.

Zum Thema Rechtsanwaltskostenersatz:

OLG München v. 23.05.2014: Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten können wie bereits angefallene Sachverständigenkosten oder geschätzte Reparaturkosten im Schadensersatzprozess geltend gemacht werden. – Die Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 1 RVG betrifft (nur) die Einforderbarkeit der Vergütung im Verhältnis zum Mandanten des Anwalts. § 10 Abs. 1 RVG gilt nicht im Bereich des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs. – Die Einholung des Gutachtens der Rechtsanwaltskammer ist nicht vorgeschrieben, wenn das Verfahren einen Streit zwischen dem Mandanten und seiner Rechtsschutzversicherung betrifft oder es sich um einen Rechtsstreit zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung handelt.

BGH v. 16.07.2015: Vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Form anwaltlichen Zeithonorars können als Schaden grundsätzlich bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattet verlangt werden, weitergehende Kosten nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn der Geschädigte dies nach den besonderen Umständen des Einzelfalls für erforderlich und zweckmäßig halten durfte, wofür er darlegungspflichtig ist.

Zum Thema Alkohol:

OVG Münster v. 27.06.2014: Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen.

VG München v. 09.12.2014: Die alkoholbedingte strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB hat keine Tatbestandswirkung für das Vorliegen von Alkoholmissbrauch im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV und rechtfertigt daher nicht die Anordnung einer MPU.

OVG Münster v. 21.01.2015: Es ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Alkoholmissbrauch ist gegeben, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können (vgl. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV). Dies ist der Fall, wenn der Betroffene einen Personenkraftwagen im alkoholbedingt fahruntüchtigen Zustand mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,35 Promille geführt hat.

Zum Thema Cannabis:

VGH München v. 18.04.2016: Ein festgestellter THC-Wert von 7,1 ng/ml mindestens 15 Stunden nach eingeräumtem Konsum von zwei direkt nacheinander konsumierten Joints lässt am Vorabend auf mindestens einen weiteren Konsumakt in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Teilnahme des Betroffenen am Straßenverkehr oder auf sehr häufigen Konsum schließen. Cannabiskonsum, der sich in der entnommenen Blutprobe niedergeschlagen hat, muss deshalb, sofern kein regelmäßiger Konsum vorlag, angesichts der gemessenen Konzentration von 7,1 ng/ml THC im Blut deutlich nach dem eingeräumten Konsum am Vorabend stattgefunden haben. Damit lagen aber mindestens zwei selbständige Konsumakte vor. Bei einer Konzentration in einer Höhe von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum und sicher länger zurückliegendem Konsum geht die Grenzwertkommission für die Konzentration von THC im Blutserum von einer Anreicherung von THC infolge regelmäßigen Konsums aus mit der Folge, dass die Fahreignung nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV ohnehin ausgeschlossen ist.

VG Freiburg v. 27.04.2016: Bei einem THC-Gehalt im Blut von weniger als 1 ng/ml steht grundsätzlich zumindest nicht mit der für eine Fahrerlaubnisentziehung erforderlichen Gewissheit fest, dass der Betreffende zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet und ihm deshalb die Fahrerlaubnis zu entziehen ist.

Zum Thema Kokain:

VG Oldenburg v. 23.01.2014: Bei Konsum von Hartdrogen wie insbesondere Kokain, der z.B. durch labortechnischen Nachweis eines Metaboliten (Benzoylecgonin / Methylecgonin) im Blut des Konsumenten feststeht, hat die Behörde dem Konsumenten in aller Regel die Fahrerlaubnis zu entziehen. Auf eine bestimmte Häufigkeit des Konsums oder darauf, ob der Betroffene Drogenkonsum und Fahren trennen kann, kommt es nicht an.

VG Ansbach v. 14.01.2015: Für den Eignungsausschluss nach §§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV genügt bereits der Nachweis des einmaligen Konsums eines im Betäubungsmittelgesetz angeführten Rauschmittels (außer Cannabis). Dies ist weder an eine Abhängigkeit von Betäubungsmitteln noch an ihre missbräuchliche, regelmäßige oder gelegentliche Einnahme geknüpft. VG Gelsenkirchen v. 04.05.2015: Die Einnahme von Kokain schließt die Kraftfahreignung unabhängig davon aus, ob unter der Wirkung dieser sog. harten Droge ein Kraftfahrzeug geführt worden ist oder nicht. Schon der einmalige Konsum sog. harter Drogen wie Kokain ist ausreichend, die Kraftfahreignung zu verneinen.

VG Gelsenkirchen v. 31.10.2016: Ein Fahrerlaubnisinhaber ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, wenn er Kokain konsumiert hat. Die Einnahme von Kokain schließt die Kraftfahreignung unabhängig davon aus, ob unter der Wirkung dieser sog. harten Droge ein Kraftfahrzeug geführt worden ist oder nicht (Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV; vgl. auch: Nr. 3.14.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung des gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und beim Bundesministerium für Gesundheit, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch-Gladbach, Mai 2014). Schon der einmalige Konsum sog. harter Drogen wie Kokain ist ausreichend, die Kraftfahreignung zu verneinen (so auch OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 – 16 B 332/07 -; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 16. Februar 2004 – 12 ME60/04 – und 16. Juni 2003 – 12 ME 172/03 -, DAR 2003, 432 f.; OVG Brandenburg, Beschluss vom 22. Juli 2004 – 4 B 37/04 -; OVG Saarland, Beschluss vom 30. März 2006 – 1 W 8/06 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. November 2004 – 10 S 2182/04 -, VRS 108 (2005), 123 ff.).

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