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Haftung für Foren-Einträge; LSS erstreitet Urteil vor dem LG Hamburg

Haftung für Foren-Einträge (Supernature-Fall) Landgericht Hamburg Urteil v. 27.04.2007 – Az.: 324 O 600/06

Leitsatz:
1. Ein Forumsbetreiber haftet für „eigene Informationen2 i.S.d. § 6 Abs. 1 MDStV. „Eigene Informationen“ im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur „eigene Behauptungen“ im Sinne der für Widerruf oder Richtigstellung entwickelten Grundsätze, sondern vielmehr auch Informationen, für deren Verbreitung der Betreiber einer Internetseite seinen eigenen Internetauftritt zur Verfügung stellt, mag auch nicht er selbst, sondern eine dritte Person die konkrete Information eingestellt haben.

2. Eine Grenze der Zurechnung ist allenfalls dann erreicht, wenn durch das Umfeld, in dem die jeweilige Information steht, hinreichend deutlich wird, dass es sich dabei um eine solche Äußerung handelt, deren Verbreitung trotz ihrer Aufnahme in den Internetauftritt der Inhaber der Domain gerade nicht wünscht. Das setzt voraus, dass der Betreiber der Internetseite sich von der betreffenden Äußerung nicht pauschal, sondern konkret und ausdrücklich distanziert.

3. Diese Wertung findet sich auch im neuen § 54 RfStV wieder, der nunmehr kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung für alle Anbieter redaktionell gestalteter Angebote gilt. Hierzu gehören auch Internetforen.

Zum Sachverhalt:

Die Anwaltssozietät Leonhardt, Spänle & Schröder mahnte den Betreiber eines Internetforums namens und im Auftrag ihrer Mandantin aufgrund der Verbreitung rechtswidriger Inhalte kostenpflichtig ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, weil in seinem Forum – nach Auffassung der LSS-Anwaltssozietät – rechtswidrige Inhalte durch unbekannte Dritte gepostet wurden. Der Betreiber des Internetforums beauftragte daraufhin seinerseits eine Anwaltskanzlei mit der Wahrnehmung seiner Interessen.

Die von der Anwaltssozietät Leonhardt, Spänle & Schröder im Auftrag der Mandantin geltend gemachten Ansprüche wurden zurückgewiesen und eine Gegenabmahnung ausgesprochen. Begründet wurde die Gegenabmahnung u.a. mit der Rechtsauffassung, dass den Forenbetreiber erst nach Kenntnisnahme von Beiträgen eine Haftung treffe. Aufgrund der Tatsache, dass seitens der LSS-Anwaltssozietät die Auffassung vertreten wird, dass Internetforenbetreiber für die in den Foren eingestellten Beiträge schon bei Einstellung der Beiträge haften und daher eine Prüfung der Beiträge vor Veröffentlichung stattzufinden hat, wurde auf die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche nicht rechtsverbindlich verzichtet.

Offensichtlich von seiner Rechtsauffassung hinsichtlich der Forenhaftung überzeugt, entschied sich der Betreiber des Internetforums, negative Feststellungsklage zu erheben.

Nun liegen die schriftlichen Entscheidungsgründe vor: LG Hamburg (Urt. v. 27.04.2007 – Az.: 324 O 600/06). Die negative Feststellungsklage des Internetforenbetreibers erwies sich als Eigentor. Die angerufene Pressekammer des Landgerichts Hamburg bestätigte nämlich die von der Rechtsanwaltssozietät Leonhardt, Spänle & Schröder vertretene Rechtsauffassung.

Es bewahrheitete sich damit, was schon während der mündlichen Verhandlung von den Richtern angekündigt wurde: Die vollständige Haftung des Forum-Betreibers für die Postings in seinem Board, unabhängig von der Kenntnis seiner Beiträge.

„Der Kläger muss sich die Verbreitung dieser Äußerung auch zurechnen lassen, denn sie ist über ein von ihm unterhaltenes Internetforum verbreitet worden.

Der Kläger ist hinsichtlich der Verbreitung dieser Äußerung Störer (…), denn Störer ist jede Person, von der eine Störung von Rechten des Betroffenen ausgeht. Für die Störereigenschaft reicht (…) das bloße Verbreiten einer unzulässigen Äußerung aus; dass der Verbreiter selbst hinter den rechtswidrigen Inhalten steht oder sie gar verfasst hat, ist danach nicht erforderlich.“

Und weiter:

„Auf etwaige Haftungsprivilegierungen kann sich der Kläger aufgrund der Bestimmung des – hier noch einschlägigen – § 6 Abs. 1 MDStV nicht berufen, denn es handelt sich bei der angegriffenen Äußerung um eine eigene Information, die er zum Abruf bereithält.

Eigene Informationen im Sinne dieser Vorschrift sind nicht ?eigene Behauptungen“ im Sinne der für Widerruf oder Richtigstellung entwickelten Grundsätze, sondern Informationen, für deren Verbreitung der Betreiber einer Internetseite seinen eigenen Internetauftritt zur Verfügung stellt, mag auch nicht er selbst, sondern eine dritte Person die konkrete Information eingestellt haben.

Das ist die Folge des Umstandes, dass der Inhaber der jeweiligen Internetdomain diejenige Person ist, die für die Inhalte, die über den betreffenden Internetauftritt verbreitet werden, die rechtliche Verantwortlichkeit trägt.

Eine Grenze der Zurechnung ist allenfalls dann erreicht, wenn durch das Umfeld, in dem die jeweilige Information steht, hinreichend deutlich wird, dass es sich dabei um eine solche Äußerung handelt, deren Verbreitung trotz ihrer Aufnahme in den Internetauftritt der Inhaber der Domain gerade nicht wünscht. Das setzt voraus, dass der Betreiber der Internetseite sich von der betreffenden Äußerung nicht pauschal, sondern konkret und ausdrücklich distanziert (…).

Nur dadurch kann verhindert werden, dass sein Internetauftritt als Gewähr für die Richtigkeit der Information angesehen und deren weitere Verbreitung als zutreffende Tatsachenbehauptung gefördert wird. Dies entspricht der Konzeption für alle Angebote, über die Äußerungen verbreitet werden, die nicht ausschließlich von deren Inhaber stammen, sondern von Dritten verfasst sind, und wie sie nach der Regelung in § 54 RStV nunmehr kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung für alle Anbieter redaktionell gestalteter Angebote, wozu auch Internetforen gehören, gelten.“

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