Skip to content

Landgericht Waldshut-Tiengen lässt Aufrechnung des Anlegers i.S. Phoenix-Scheingewinne zu und stellt Regeln für die Berechnung des entgangenen Zinsgewinnes auf

Das Landgericht Waldshut-Tiengen gesteht einem von LSS Rechtsanwälte vertretenen Anleger eine Aufrechnung in Höhe von rund 9.000,00 EUR gegen den Anfechtungsanspruch des Insolvenzververwalters von Phoenix zu.

Der zur Aufrechnung gestellte Anspruch des Anlegers resultiert dabei aus dem sog. „entgangenen Gewinn“ zzgl. Agio. Das Landgericht folgte zudem der Argumentation des sachbearbeitenden Rechtsanwaltes Matthias Schröder, wonach für den Anleger zum einen die Beweiserleichterung nach § 287 ZPO greift und auf den gesetzlichen Zinssatz von 4 % p.a. zurückgergriffen werden darf (ohne einen Schaden im einzelnen darlegen zu müssen) und darüberhinaus „Zinseszinsen“ berechnet werden dürfen. Letzteres verstösst nach Ansicht des Landgerichts ( 2 O 56/08)
nicht gegen § 289 S. 1 BGB, da es nicht um Verzugszinsen sondern Schadensersatz geht.

Das Landgericht folgt mit seiner Entscheidung einem neueren Urteil des OLG Jena (Urteil vom 11.03.2008 Az. 5 U 551/07).

Das Wertpapierhandelsunternehmen Phoenix Kapitaldienst GmbH (Phoenix) warb damit, Gelder seiner Kunden gewinnbringend u.a. in Termingeschäfte zu investieren. Zehntausende Anleger investierten entsprechend. Die Entwicklung ihrer Wertpapieranlage wurde den Anlegern regelmäßig mitgeteilt. Zahlreiche Anleger haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich ihr ausgewiesenes Guthaben oder Teile davon auszahlen zu lassen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) untersagte die Geschäfte. Das Insolvenzverfahren wurde nachfolgend im Juli 2005 eröffnet. Ca. 30.000 geschädigte Anleger beklagen mehr als 500 Millionen Euro Schaden. Mittlerweile steht fest, dass die Geschäftsführer jahrelang systematisch Kontounterlagen gefälscht hatten. Der Insolvenzverwalter konnte ca. 200 Millionen Euro sicherstellen. Verluste der Gesellschaft wurden über Jahre durch das Einwerben neuer Anleger mit entsprechenden Einlagen kaschiert (Schneeballsystem).
Der Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Frank Schmitt, von der Sozietät Schulze & Braun hat in der Folge gegen zahlreiche Anleger Rückforderungsansprüche gerichtlich geltend gemacht.

Nach seiner Auffassung sind Teile der Auszahlungen Scheingewinne, die anfechtbar seien. So erklärte der Insolvenzverwalter die Anfechtung und fordert die Rückzahlung dieser Scheingewinne (§134 Insolvenzordnung).

Der Insolvenzverwalter stützt sich dabei auf zwei grundlegende Entscheidungen des Bundesgreichtshofes aus dem Jahre 1990 (BGH vom 29.11.1990; Az. IX ZR 29/90; IX 55/90), die diese Auffassung grundsätzlich zulassen. Gleichwohl können sich die Anleger mit unterschiedlichen Argumenten wehren. LSS LEONHARDT SPÄNLE SCHRÖDER Rechtsanwälte vertreten zahlreiche Phoenix-Geschädigte. Rechtsanwalt Matthias Schröder, der auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert ist, sieht nicht nur in der jüngsten Entscheidung des Landgerichts gute Möglichkeiten die Ansprüche zumindest teilweise abzuwehen. Schröder: Uns sind schon einige anlegerfreundliche Entscheidungen bekannt, ich rate jedem Anleger den Sachverhalt anwaltlich überprüfen zu lassen.

An den Anfang scrollen