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BGH verhandelt am 26.06.2012 erneut zu Lehman-Zertifikaten

Der XI. Zivilenat hat vier Entscheidungen zur Verhandlung angesetzt. Aus der Pressemitteilung des BGH geht hervor, dass die Rückvergütunsproblematik im Vordergrund steht.
Da die Commerzbank behauptet, dass die Lehman-Zertifikate stets als Eigenhandelsgeschäft/Festpreisgeschäft an die Anleger „verkauft“ wurden, ist zu erwarten, dass -wenn dieser Umstand vom BGH als erwiesen/feststehend angesehen wird- die Revisionen in diesem Punkt zu Gunsten der Bank ausgehen werden. Sollte in den Vorinstanzen dieser Vertriebsweg von den Anlegern jedoch bestritten worden sein, ist der Ausgang offen. Indizien in den Wertpapierabrechnungen („Kurs“, „Börse“) der Bank sprechen gegen Festprisgeschäfte. Auch die Beurteilung der Beweislast für das Vorliegen des Kommissionsgeschäft durch den BGH darf als offen angesehen werden.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

XI ZR 316/11

LG Köln – Urteil vom 18. Februar 2010 – 15 O 174/09
Oberlandesgericht Köln – Urteil vom 8. Juni 2011 – 13 U 55/10 (veröffentlicht: WM 2011, 1652)

und

XI ZR 259/11
LG Aachen – Urteil vom 5. August 2010 – 1 O 648/09
Oberlandesgericht Köln – Urteil vom 4. Mai 2011 – 13 U 165/10 (veröffentlicht: ZIP 2011, 1092)

und

XI ZR 355/10
LG Frankfurt/Main – Urteil vom 10. Dezember 2010 – 2/19 O 34/10
OLG Frankfurt/Main – Urteil vom 18. Mai 2011 – 17 U 253/10 (veröffentlicht: NZG 2011, 1154)

und

XI ZR 356/10
LG Frankfurt/Main – Urteil vom 23. Dezember 2010 – 2/21 O 581/09
OLG Frankfurt/Main – Urteil vom 29. Juni 18. Mai 2011 – 17 U 12/11 (veröffentlicht: ZIP 2011, 1462)

Es stehen vier weitere Sachen zur Verhandlung an, die „Lehman-Zertifikate“ zum Gegenstand haben. Aus diesem Themenkomplex konnte der Senat bislang am 27. September 2011 zwei Einzelfälle verhandeln und entscheiden (vgl. Pressemitteilung 145/2011). In vier anderen Fällen, von denen zwei bereits im April 2011 (vgl. Pressemitteilungen 22/2011 und 58/2011) und die beiden anderen für den 14. Februar 2012 (vgl. Pressemitteilungen 6/2012, 9/2012 und 11/2012) zur Verhandlung vorgesehen waren, mussten die Termine hingegen jeweils nach Revisionsrücknahme aufgehoben werden.

Die Anleger nehmen die beklagte Bank jeweils auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

In allen vier nunmehr zur Verhandlung anstehenden Sachen erwarben die Anleger im Februar 2007 von derselben beklagten Bank für Anlagebeträge in unterschiedlicher Höhe – die investierten Summen lagen zwischen 22.000 € und 300.000 € – jeweils „Global Champion Zertifikate“. Hierbei handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung dreier Aktienindizes sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihren Klagen verlangen die Anleger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen.

Die Vorinstanzen haben jeweils eine Beratungspflichtverletzung der beklagten Bank bejaht. Diese hafte schon deshalb, weil sie die Anleger nicht über die von ihr vereinnahmten „Erträge“ in Höhe von 3,5 % des Anlagebetrages aufgeklärt habe. Entscheidend sei, dass sich die Bank ähnlich wie bei Rückvergütungen im Sinne der „Kick-back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in einem Interessenkonflikt befinde, den sie dem Anleger zu offenbaren habe. Nur so könne dieser das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen, ob diese ihm eine bestimmte Geldanlage nur deshalb empfehle, weil sie selbst daran verdiene. Das gelte selbst dann, wenn die Bank die Zertifikate zuvor selbst im Wege eines Festpreisgeschäftes erworben und die Anleger darüber nicht aufgeklärt habe. Nur bei Offenlegung des Umstandes, dass zwischen den Parteien gegebenenfalls ein Kaufvertrag zustande komme, sei der Anleger in der Lage, das mit dem Verkauf von Finanzprodukten verbundene wirtschaftliche Interesse der ihn beratenden Bank ausreichend zu erkennen.

Mit ihrer von den Berufungsgerichten jeweils zugelassenen Revision verfolgt die beklagte Bank ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

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