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Focus-Berichterstattung aus 12/2008 „Bonnfinanz“

Focus-Berichterstattung aus 12/2008 „Bonnfinanz“
ANLAGEBETRUG – Kundengeld verzockt
Ein Ex-Bonnfinanz-Vermittler soll 4,5 Millionen Euro von Sparern veruntreut und in Casinos verspielt haben
Von FOCUS-Money-Korrespondent Bernd Johann

Anna S. aus Aschaffenburg glaubte an ein gutes Geschäft. Zehn Prozent Zinsen bot ihr Alfred Stenger, Vertreter des Anlagenvermittlers Bonnfinanz, 1999 auf Wertpapiere ? klar mehr als die örtliche Sparkasse. Schon zuvor hatte sie dem „Herrn von der Bonnfinanz“ Geld anvertraut und immer pünktlich ihre Zinsen erhalten. Bedenkenlos zahlte die Aschaffenburgerin daher dem stets sehr seriös auftretenden Vertreter 267000 Mark bar auf die Hand ? ihre gesamten Ersparnisse. Auf Zinsen und Rückzahlung wartet sie noch heute.

Millionen kassiert. Stattdessen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Stenger. Vorwurf: Kapitalanlagebetrug. Bis zu 4,5 Millionen Euro soll der Vermittler veruntreut haben. Pikant: Er hat das Geld vermutlich in deutschen und US-Spielkasinos durchgebracht. Gefunden haben die Ermittler nichts mehr davon. Rechtsanwalt Matthias Schröder von der Frankfurter Kanzlei Leonhardt, Spänle & Schröder, der einige der Geschädigten vertritt, fordert nun von der Bonnfinanz (ehemals Deutsche Bank, heute Zürich-Gruppe) Schadenersatz. Doch das Unternehmen blockt.

Stenger sammelte nachweislich von 1990 bis 2007 bei knapp 80 Kunden mehr als fünf Millionen Euro ein. Da Unterlagen nur bruchstückhaft vorhanden sind, dürfte die wahre Summe sogar um einiges höher liegen. Wer wegen ausbleibender Zinsen nachfragte, wurde von Stenger vertröstet.

Die Polizei ermittelte und stelltefest, es könne „in keinem einzigen Fall nachgewiesen werden, ob oder wie viel Gelder von welchen Kunden Stenger angelegt hat“. Statt Anlagebelegen fanden die Ermittler aber zahlreiche Hinweise auf Spielbankbesuche.

Flottes Leben. Demnach besuchte der 58-Jährige zwischen 1995 und 2007 circa 1700-mal Kasinos in Deutschland ? darunter Wiesbaden und Bad Neuenahr. Außerdem reiste der mutmaßliche Betrüger, so Interpol-Ermittlungen, von 2001 bis 2005 neunmal zum Zocken nach Las Vegas und nächtigte auch im exklusiven Hotel ?Mirage?, lange Bühnenheimat der Siegfried&Roy-Show. Stenger habe vor jeder seiner Auslandsreisen größere Geldbeträge von Kunden erhalten, staunten die Ermittler.

Der Beschuldigte gibt an, alles aus eigener Tasche bezahlt zu haben. Er ist heute mittellos. Geschädigten-Anwalt Schröder sieht daher die Bonnfinanz in der Haftung. Er will klagen, weil Stenger seine Verträge auch auf Bonnfinanz-Firmenpapier geschlossen hat: „Die Firma ist verpflichtet, ihre Mit-arbeiter besser zu kontrollieren, und hatte im konkreten Fall auch allen Anlass zur Prüfung.“ Der Anlagenvertrieb sieht das anders. Stenger habe nicht in seinem Auftrag gehandelt und war auch nicht berechtigt, Geld in bar zu kassieren, teilt er dem Anwalt mit. Bonnfinanz hat Stenger übrigens 2005 gekündigt ? unter anderem wegen zu geringer Umsätze.

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