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Tausende kämpfen um ihr Geld

Millionen haben sie mit Zertifikaten der amerikanischen Bank Lehman Brothers verloren. Jetzt wollen die Geschädigten ihr Geld zurück. Die erste Klage läuft – gegen eine sonst sehr beliebte Bank.

Nichts als ihr Geld zurück wollen Tausende Anleger in Deutschland, die mit Zertifikaten der zusammengebrochenen US-Bank Lehman Brothers hohe Summen verloren haben. Allein bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) haben sich mittlerweile über 1400 Geschädigte gemeldet, vom 25-jährigen Berufseinsteiger bis zum Rentner. Viele Hundert weitere Sparer baten die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) um Hilfe oder riefen verzweifelt Fachanwälte und Verbraucherzentralen an.

Bei vielen geht es um vier- bis fünfstellige Summen, bei manchen um bis zu 200 000 Euro Verlust. Experten ermuntern dazu, die deutschen Geldinstitute, die Lehman-Zertifikate als vermeintlich sicher verkauften, wegen Falschberatung zur Rechenschaft zu ziehen und um Schadenersatz zu kämpfen.

Erste Klage gegen Sparkasse

?Die Leute fühlen sich betrogen, die Größenordnung ist erschreckend?, sagt Matthias Schröder, Rechtsanwalt aus Frankfurt. Der Spezialist für Bank- und Kapitalmarktrecht hat jetzt die erste Klage wegen Falschberatung am Frankfurter Landgericht eingereicht. Die 39-jährige Klägerin, die mit Lehman-Zertifikaten 8000 Euro verlor, will das Geld von der örtlichen Sparkasse zurück haben. Diese habe die Anlage als risikolos vermittelt, so ihre Argumentation.

Schröder hält es für aussichtsreich, dass die Frau Schadenersatz zugesprochen bekommt. Eine außergerichtliche Lösung mit der Frankfurter Sparkasse sei zuvor gescheitert. Über 150 weitere Fälle liegen noch unbearbeitet auf dem Schreibtisch des Anwalts.

Nach Ansicht des Stuttgarter Fachanwalts Wolf von Buttlar sollten sich Lehman-Geschädigte in jedem Fall beraten lassen und nicht frustriert resignieren ? selbst wenn sie keine Rechtschutzversicherung haben und die Rechtslage nicht eindeutig ist. Die Chancen, Geld zurückzubekommen, stünden gar nicht so schlecht, hingen aber immer vom Einzelfall ab, sagt der Kapitalmarktexperte, bei dem ebenfalls seit Tagen zahlreiche Anfragen verärgerter Anleger eingehen.

Wer ein Zertifikat kauft, hängt von der Bonität, also der Zahlungsfähigkeit des Emittenten (Herausgebers) ab. Geht dieser pleite, wie bei Lehman geschehen, ist auch die Einlage des Kunden verloren.

Banken als erste Anlaufstelle

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, sich nach Verlusten zur Wehr zusetzen: Eine außergerichtliche Einigung oder den Gang vor Gericht. Nachdem von der insolventen Lehman-Investmentbank kaum etwas zu holen sein dürfte, sind die Banken und Sparkassen, die viele Tausend Zertifikate bundesweit vermittelten, jetzt Anlaufstelle Nummer eins für Schadenersatzforderungen. Die Frist, mögliche Ansprüche geltend zu machen, beträgt drei Jahre. Danach kann ein Fall verjährt sein.

Bei den Anlegerschutzgemeinschaften setzt man derzeit noch darauf, sich mit Hilfe der Ombudsmänner der Geldinstitute außergerichtlich zu vergleichen. ?Das geht deutlich schneller und ist auch günstiger für die, die keine Rechtsschutzversicherung haben?, sagt ein DSW-Sprecher. Allerdings dürfte es dann meist nur Teilbeträge zurückgeben. Stelle sich eine Bank quer, werde ein Prozess erwogen, sagt der Sprecher. ?Wir schauen uns die Fälle unserer Mitglieder genau an, bei manchen lohnt es sich, auch gleich zu klagen?, sagt ein SdK-Sprecher.

Falschberatung muss man beweisen können

Wer viele Zehntausend Euro verloren hat, wird in der Regel versuchen zu klagen. Aussichtsreich ist das vor allem, wenn der Bankberater seinen Kunden falsch informiert hat. Allerdings muss man das auch beweisen können. Das geht beispielsweise, wenn der Ehepartner oder ein Bekannter beim Beratungsgespräch dabei war. Im Frankfurter Fall kann der Mann der Betroffenen die Falschberatung bezeugen, wie Anwalt Schröder berichtet. Auch schriftliche Dokumentationen können helfen.

Wie von Buttlar betont, sind Banken seit einem Bundesgerichtshof-Urteil (Aktenzeichen: XI ZR 12/93) dazu verpflichtet, den Kunden nach individuellem Anlageziel und persönlicher Risikobereitschaft zu beraten. Je komplexer das Wertpapier, desto intensiver müsse die Beratung sein. Wer klagt, wird vom Gericht vermutlich auch danach beurteilt werden, ob er zum ersten Mal Zertifikate erwarb oder schon mehrfach, wie der Stuttgarter Spezialist sagt.

Wer einen Prospekt für das Zertifikat seiner Wahl bekam, hat womöglich die Chance sich über die Prospekthaftung Geld zurückzuholen. In solchen Fällen sei eine Sammelklage denkbar, betont Schröder.

Focus-Online: Tausende kämpfen um ihr Geld
Lehman-Geschädigte

Matthias Schröder

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