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Finanztest und Hamburger Abendblatt zur ersten Entscheidung des OLG Frankfurt

Falschberatung:Lehman-Geschädigter gewinnt vor Gericht

Die Frankfurter Sparkasse muss einem Anleger wegen mangelhafter Beratung beim Verkauf eines Lehman-Zertifikates Schadenersatz zahlen. Das hat das Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main gestern entschieden.

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Fehlerhafte Aufklärung
Der Mann verklagte die Frankfurter Sparkasse daraufhin wegen mangelhafter Aufklärung erfolgreich auf Schadenersatz. Die dagegen eingelegte Berufung der Frankfurter Sparkasse wies das OLG jetzt zurück. Wie schon das Landgericht sah auch das Oberlandesgericht es als erwiesen an, dass die Sparkasse ihre Aufklärungspflichten verletzt habe. Schon die Tatsache, dass die komplizierte Anlage per Telefon verkauft worden sei, spreche für eine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch die Sparkasse, urteilte das OLG. Zudem habe die Sparkasse den Anleger nicht über ein Sonderkündigungsrecht der Emittentin, Lehman Brothers, aufgeklärt, heißt es im Urteil.

Bank verschwieg Sonderkündigungsrecht der Emittentin
Das Sonderkündigungsrecht galt für ein Endlos-Zertifikat mit einer Laufzeit von bis zu 50 Jahren, in das Anleger ihr Twin-Win-Zertifikat unter bestimmten Bedingungen hätten umwandeln können. Eine solche Umwandlung war für den Fall vorgesehen, dass der EuroStoxx, an dessen Entwicklung das Zertifikat gekoppelt war, um mehr als 50 Prozent gefallen wäre. Anleger hätten dann anstelle einer Kapitalrückzahlung auf Basis des gefallenen Indexstandes ihr Papier in ein Endloszertifikat umwandeln und abwarten können, ob sich das Zertifikat im Laufe der Jahre wieder erholt. „Diese Chance hätte durch das Sonderkündigungsrecht der Emittentin vernichtet werden können“, argumentiert Rechtsanwalt Matthias Schröder aus Frankfurt, der den Anleger vertritt. Das Sonderkündigungsrecht der Emittentin habe weder im offiziellen Verkaufsprospekt gestanden, noch habe es der Bankberater erwähnt.

Entscheidung auch für andere Anleger bedeutsam
Die Sparkasse muss dem Anleger nach dem Urteil den vollständigen Kaufpreis für das Lehman-Zertifikat ersetzen und die Kosten des Rechtsstreits tragen. Rechtsanwalt Matthias Schröder von der Kanzlei LSS Rechtsanwälte misst der Entscheidung große Bedeutung zu: „Das Gericht hat zunächst einmal die ungeheure Komplexität der Zertifikate erkannt und klar gemacht, dass auf spezielle Risiken seitens der Bank hinzuweisen ist“. Die Entscheidung habe zudem direkte Auswirkung für zahlreiche Kunden der Sparkasse. „Vier von fünf der dort vertriebenen Zertifikate, weisen nämlich das relevante Kündigungsrisiko auf“, so Schröder weiter.

Bewusst gut gebildeten Geschädigten als Kläger herausgesucht
Ganz bewusst habe seine Kanzlei nach der Insolvenz der US-Investmentbank aus vielen hundert Geschädigten den Fall des Rechtsanwalts ausgesucht. Da dieser vergleichsweise wenig schutzwürdig sei und deshalb nur nach den harten Fakten geurteilt werden könne, lassen sich daraus Rückschlüsse für alle Geschädigten ziehen. „Mein Klient ist im Vergleich zu den anderen Geschädigten sehr viel jünger, besser ausgebildet, hat weniger angelegt und hätte aufgrund seines jungen Alters auch die Chance gehabt, das Geld wieder zurück zuverdienen“, so Schröder.

[….]

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.02.2010
Aktenzeichen, 2–19 O 287/08

Hamburger Abendblatt
Auszug
Lehman-Opfer gewinnt in zweiter Instanz
Von Steffen Preißler 18. Februar 2010, 08:42 Uhr

Frankfurt/Hamburg. Erstmals hat sich ein Lehman-Geschädigter vor einem Oberlandesgericht (OLG) gegen seine Bank durchgesetzt. Die Frankfurter Sparkasse muss einem 38-Jährigen Rechtsanwalt wegen mangelhafter Beratung beim Verkauf von Lehman-Zertifikaten Schadenersatz leisten. Das entschied das OLG Frankfurt und wies damit die Berufungsklage des Instituts zurück (Az.: 17 U 207/09). Der Kläger hatte 7000 Euro in die Papiere investiert, nachdem ihm am Telefon von einem Kundenberater dazu geraten wurde und das Geld durch die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers verloren.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Sparkasse ihre Aufklärungspflicht verletzt hat. Der 17. Senat störte sich in seiner Entscheidung vor allem an der telefonischen Beratung. Ein kurzes fernmündliches Gespräch sei in der Regel nicht geeignet, die Sorgfaltspflicht der Bank bei einer Kundenberatung einzuhalten. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Kunden um einen Rechtsanwalt und erfahrenen Aktienanleger gehandelt habe. Die Frankfurter Sparkasse will gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof einlegen, wie ein Sprecher sagte.

Kläger-Anwalt Matthias Schröder hatte den Fall bewusst ausgewählt, „weil mein Mandant vergleichsweise wenig schutzwürdig ist und nur nach den harten Fakten geurteilt werden sollte“. Der Fall habe grundsätzliche Bedeutung, weil das Gericht die ungeheure Komplexität und speziellen Risiken der Zertifikate erkannt habe. „Vier von fünf der von der Sparkasse vertriebenen Zertifikate weisen eine ähnliche Struktur auf“, sagt Schröder. Lehman Brothers hatte danach ein Sonderkündigungsrecht und konnte die Papiere auch noch während der Laufzeit in andere Zertifikate mit wesentlich längerer Laufzeit umtauschen. Darauf habe weder die Verkaufsbroschüre noch der Berater hingewiesen, sagt Schröder. „Kaum ein Kleinanleger war in der Lage, die sehr verschachtelten Bedingungen dieses Zertifikats zu durchschauen“, sagt Peter Kyritz von der Interessengemeinschaft Lehman- Geschädigter. „Deshalb begrüßen wir dieses Urteil sehr.“
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Finanztest und Hamburger Abendblatt zur ersten Entscheidung des OLG Frankfurt i.S. Lehman Brothers
Auszug aus „Finanztest“
Ariane Lauenburg
18.02.2010

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