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Oberlandesgericht Frankfurt am Main fällt erstes Berufungsurteil in Sachen Falschberatung mit Lehman Brothers-Zertifikaten

Berufung der Frankfurter Sparkasse gegen anlegerfreundliches Urteil zurückgewiesen

Frankfurt am Main, 17.02.2010) Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main unter Vorsitz der Richterin am OLG Lange hat am heutigen Tage im Anschluss an eine mündliche Verhandlung die Berufung der Frankfurter Sparkasse gegen ein am 31.08.2009 gefälltes Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil im vollen Umfang bestätigt (17 U 207/09). Die Sparkasse war im Sommer des vergangenen Jahres verurteilt worden, einem Anleger den vollständigen Kaufpreis in Höhe von EUR 7.000,00 für den Erwerb sog. Lehman-Zertifikate zu erstatten und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (Az. 2-19 O 287/08). Angelegt hatte im Sommer 2007 ein 38-jähriger Rechtsanwalt, der unaufgefordert von der Sparkasse in seiner Kanzlei angerufen und zur Anlage überredet wurde. Der Anruf der Bank kam einen Tag vor Ende der Zeichnungsfrist und mündete in der Empfehlung, mehrere Einzelaktien wie Allianz und Postbank zugunsten eines angeblich sichereren Twin-Win-Zertifikates auf den DJ EuroStoxx zu verkaufen.

Die Verurteilung erfolgte seinerzeit, weil der Anleger unstreitig nicht über ein Sonderkündigungsrecht der Emittentin, Lehman Brothers, aufgeklärt wurde. Über dieses Risiko fanden sich in den offiziellen Verkaufsprospekten Warnhinweise, während der sog. Verkaufsflyer hierzu ebenso wie der Bankberater schwieg. Die Richter des Fachsenats für Bankenrecht ließen die in der Berufung angeführten Argumente der Sparkasse nicht gelten und verteidigten das Urteil der ihr unterstellten Fachkammer für Bankrecht. Ausdrücklich griff der Senat auch die Kritik des Landgerichts auf, wonach allein schon der Telefonvertrieb der komplexen Produkte problematisch erscheine. Nach Auffassung des Anwaltes des Geschädigten, Matthias Schröder, kommt der Entscheidung eine große Bedeutung zu. „Das Gericht hat zunächst einmal die ungeheure Komplexität der Zertifikate erkannt und klar gemacht, dass auf spezielle Risiken seitens der Bank hinzuweisen ist“. Die Entscheidung hat zudem direkte Auswirkung für zahlreiche Kunden der Sparkasse. „Vier von Fünf der dort vertriebenen Zertifikate, weisen nämlich das relevante Kündigungsrisiko auf“, so Schröder weiter. Der heute entschiedene Fall hatte bereits im Sommer 2009 für beträchtliches Aufsehen gesorgt. Die Kanzlei Schröders, LSS Rechtsanwälte aus Frankfurt, hatte ihren Kläger im Oktober 2008 in der bundesweit ersten Klage wegen Lehman-Zertifikaten nach der Insolvenz der US-Investmentbank aus vielen hundert Kandidaten ganz bewusst ausgewählt, weil dieser vergleichsweise wenig schutzwürdig ist und nur nach den harten Fakten geurteilt werden sollte, um daraus Rückschlüsse für alle Geschädigten zu ziehen. „Mein Klient ist im Vergleich zu den anderen Geschädigten sehr viel jünger, besser ausgebildet, hat weniger angelegt und hätte aufgrund seines jungen Alters auch die Chance gehabt, das Geld wieder zurück zuverdienen“, so Schröder. Die Sitzplätze im größten Sitzungssaal des Gerichts reichten für den Ansturm der interessierten Öffentlichkeit aus Pressevertretern und Geschädigten nicht aus, zahlreiche der zumeist betagten Anleger verfolgten stehend, aber zufrieden dem Gang der Verhandlung. Die Frankfurter Sparkasse kündigte an, Revision gegen das Urteil zum Bundesgerichtshof einlegen zu wollen.

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